Interview: René Tröger über die Geschichte von PREMIUM-MALTS und die Trends des Spirituosenmarktes!
Die romantische Kleinstadt Bamberg ist Weltkulturerbe. Zwischen dem imposanten Dom und dem malerischen Kleinvenedig versteckt sich ein weiteres Highlight der Stadt. Umgeben von buckeligem Bordsteinpflaster eröffnen zwei große Eckschaufenster Einblick in eine Welt des Genusses. In hölzernen Weinkisten ruhen hunderte Flaschen der edelsten Brennereien weltweit. Egal ob Whisky, Cognac, Gin oder Rum: Der Laden PREMIUM-MALTS ist eine wahre Schatzkammer für jeden Spirituosen-Liebhaber. Wenn es um das hochprozentige Vergnügen geht, ist René Tröger der richtige Ansprechpartner. Er ist der Inhaber des gemütlichen Bamberger Whisky-Geschäfts und berät seit drei Jahren seine Kunden bei der Auswahl des passenden Schnapses.
Servus René. Dein Laden PREMIUM-MALTS dreht sich rund um das Thema Spirituosen. Im Mittelpunkt steht dabei Whisky. Welche war deine erste Flasche?
Meinen ersten Whisky habe ich mir 2012 gekauft. Ursprünglich war ich einfach auf der Suche nach einer hochwertigen Spirituose, die ich bei geselligen Abenden meinen Freunden anbieten konnte. Whisky war mir aus Film und Fernsehen bereits bekannt, also schaute ich mich in diese Richtung um. Ganz à la James Bond entschied ich mich bei meiner ersten Flasche für einen Macallan 12 Sherry Oak. Dass es nicht „die eine Flasche“ Macallan gibt, sondern weit mehr als 50 Abfüllungen, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Plötzlich stand ich vor einem riesigen Sortiment aus völlig verschiedenen Whiskys. Die geschmackliche Bandbreite und Vielzahl an einzigartigen Destillerien weckten die Sammlerfreude in mir. So wurden schnell aus ein, zwei Whiskys für den Getränkekeller eine Sammlung aus mehr als 300 verschiedenen Flaschen.
Im Jahr 2019 hast du PREMIUM-MALTS auf eigene Faust eröffnet. Wie ist die Idee vom eigenen Geschäft entstanden?
Anfang 2018 war ich mit meiner beruflichen Perspektive sehr unzufrieden. Mein damaliger Job machte mir zwar Spaß, allerdings war mir klar, dass ich das nicht den Rest meines Lebens machen möchte. Ich investierte immer mehr Zeit in meine neue Leidenschaft, den Whisky, und begann erste Samples von den Flaschen meiner eigenen Sammlung online zu verkaufen. Die Nachfrage nach den kleinen Whisky-Proben war größer als erwartet. Ich erwirtschaftete bis zu 600 Euro im Monat. Durch den Verkauf finanzierte sich mein Hobby von selbst und ich begann das Ganze plötzlich als Business-Case zu betrachten. Als ich verkündete, dass ich einen Whisky-Laden eröffnen will, hielt mich meine Familie für verrückt. Auch meine Freunde äußerten ihre Zweifel. Spaßeshalber machte ich mich trotzdem auf die Suche nach einer passenden Location. Da entdeckte ich im Internet eine interessante Anzeige. Ein kleines Geschäft mit zwei großen Schaufenstern in der Unteren Sandstraße in Bamberg. Ich dachte mir, ich lasse das Schicksal entscheiden: Wenn ich die Immobilie bekomme, mach ich den Laden auf, ansonsten lasse ich es bleiben. Ich war der erste Bewerber und was soll ich sagen … seit drei Jahren habe ich einen Spirituosenhandel.
Am 2. August 2019 dann das „Grand Opening“ von PREMIUM-MALTS. Wie fühlte sich das an?
Überwältigend. Gleichzeitig war ich sehr aufgeregt. In Bamberg gibt es zwar keine anderen Spirituosenläden, die höherwertige Abfüllungen anbieten. Trotzdem war ich vor der Eröffnung verunsichert, ob es in der Region genug Menschen gibt, die bereit sind etwas mehr Geld für eine Flasche Schnaps auszugeben. Der August war streckenweise auch sehr niederschmetternd. Wir liegen nicht in der belebtesten Ecke von Bamberg, diese schmerzhafte Erfahrung musste ich direkt zu Beginn machen. Es gab Tage, an denen hatten wir keinen einzigen Kunden. Da kamen Zweifel in mir hoch, ob es die richtige Entscheidung war, sich selbstständig zu machen. Ich hatte zunächst auf den Online-Handel gehofft, doch der lief nicht so richtig an. Der Einzelhandel funktionierte von Beginn an besser als das Geschäft im Internet.
Wann ging es nach den Startschwierigkeiten erstmals bergauf?
Ab Dezember. Das Weihnachtsgeschäft lief bombastisch. Ich denke, dass wir mit unserem ausgefallenen Sortiment punkten konnten. Besonders die Aufnahme von Sansibar und dem regionalen Elch-Whisky waren eine echte Initialzündung für uns. Das hat den Leuten schon früh gezeigt, dass wir sehr spezielle Sachen anbieten und nicht nur Abfüllungen von der Stange. Ohne die beiden hätte die Sache auch anders laufen können. Der Elch-Whisky ist bis heute unser meistverkauftes Produkt und eine der wichtigsten Marken.
Im Jahr 2020 begann dann die Corona-Pandemie. Im März rief Deutschland den ersten Lockdown aus. Wie erging es PREMIUM-MALTS während dieser Phase?
Als frischgebackener Selbstständiger ohne viele Rücklagen ist so eine Nachricht der Worst-Case. Die ersten Wochen waren äußerst anstrengend, besonders für den Kopf. Niemand wusste, wie es weitergehen würde. Als systemrelevantes Geschäft hatten wir zwar geöffnet, aber durch die fehlende Laufkundschaft blieb der nötige Umsatz aus. Für meinen Freund und Mitarbeiter Axel war es eine besonders schwierige Phase. Ich hatte ihn zu diesem Zeitpunkt erst vor Kurzem an Bord geholt und musste ihm jetzt klarmachen, dass er in drei Monaten vielleicht keinen Job mehr hat. Im ersten Jahr konnte ich noch viel mit privatem Geld überbrücken. Für ein eigenes Gehalt blieb allerdings nichts übrig.
Mehr als zwei Jahre später hat PREMIUM-MALTS immer noch geöffnet. Mit welchen Maßnahmen konntet ihr euch über Wasser halten?
Als klar wurde, dass wir kaum staatliche Hilfen erhalten werden, mussten wir uns etwas überlegen. So entstand die Idee mit den Live-Tastings. Eine Whisky-Verkostung via Livestream für das Wohnzimmer mit einem von uns zusammengestellten Sample-Paket. Das wurde von den Leuten unfassbar gut angenommen und auch der Abverkauf danach funktionierte super. Mit dieser Idee übernahmen wir sicherlich die Vorreiterstellung in Deutschland und wir schafften es zumindest, unsere Selbstkosten zu decken. In diesem Moment merkte ich außerdem das erste Mal, dass ich kein rein stationärer Händler bin, sondern auch online stattfinde. Wir hatten während der ersten Pandemie-Welle viel Zeit, unseren Online-Shop auf Vordermann zu bringen und knüpften neue Kontakte in der Bamberger Gastronomieszene. So ist es beispielsweise zur Zusammenarbeit mit unserem Cocktail-Experten Sven Goller gekommen.
Wann war ein eindeutiger Aufwärtstrend spürbar?
Das war im Mai 2021. Als die Corona-Regeln wieder gelockert wurden, bekamen wir deutlich mehr Kundschaft als vor der Pandemie. Einige Leute hatten uns über die Monate hinweg online verfolgt, bei Tastings mitgemacht und freuten sich darauf, in unseren Laden zu kommen. Das war schön zu sehen. Unsere Arbeit hatte sich ausgezahlt. Egal wie schwer die Krise ist – als Selbstständiger darfst du nicht den Kopf in den Sand stecken. Du musst nach Lösungen suchen. Was für Mittel habe ich? Was für Möglichkeiten gibt es? Stillstand ist das, was nicht passieren darf. Das hat mir die Pandemie gezeigt.
Neben der Pandemie hat sich in den vergangenen Jahren auch viel auf dem Whiskymarkt getan. Welche Veränderungen konntest du beobachten?
Der Whisky genießt derzeit eine so große Medienpräsenz wie nie zuvor. Ob Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung oder Berliner Tagesspiegel – mittlerweile berichten auch die großen Zeitungen über die neusten Versteigerungen und Auszeichnungen im Spirituosenbereich. So hat sich das Thema immer mehr einem breiten Publikum angenähert. Während Whisky früher ausschließlich ein Genussmittel für Liebhaber war, ist es heute zur Investmentanlage geworden. Die Preise haben sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Da kaufen mittlerweile auch die Leute, für die Spirituosen Neuland sind. Das stößt den Genießern, die eine Falsche nicht nur als Wertanlage sehen, sondern auch trinken wollen, natürlich sauer auf. Die können sich ihr Hobby mittlerweile nicht mehr leisten, da alles teurer wird.
Wie ist dieser enorme Preisanstieg zu erklären?
Die steigenden Preise resultieren mitunter aus den hohen Absatzmengen der letzten Jahre. Das ist bei alten Whiskys ein Problem, denn sie sind nicht von heute auf morgen reproduzierbar. Die Nachfrage nach alten Abfüllungen ist stark gestiegen, aber die Bestände gehen aus. Wir haben schlichtweg keine alten Flaschen mehr. Und das Bisschen, das noch da ist, lassen sich die Abfüller teuer verkaufen. Anfang des Jahres haben viele Importeure versichert, dass sich die Preise für Whiskys ab 18 Jahre in der nächsten Zeit verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen werden. Dabei ist Alter kein Qualitätsmerkmal!
Es gibt viele neue Brennereien und viele junge Abfüller. Da müssten doch Flaschen dabei sein, die man sich leisten kann.
Auch da schießen die Preise in die Höhe. Das liegt an der Vermarktung. Jede Abfüllung ist mittlerweile eine Sonderedition. Jedes Erstlingswerk einer neuen Brennerei ist hochexklusiv. Die Leute spekulieren und kaufen, um teurer weiterzuverkaufen. Neue Flaschen sind bereits nach Minuten ausverkauft und werden auf dem Zweitmarkt für ein Vielfaches ihres Ursprungspreises an den Mann gebracht. Dabei steht die Qualität des Whiskys längst nicht mehr im Vordergrund, sondern eher dessen Wert als Sammlergut. Es hat sich eine Resell-Blase entwickelt, die wir ursprünglich aus dem Klamotten- und Sneaker-Bereich kennen. Wer genießen will, muss entweder schnell sein, oder auf dem Zweitmarkt enorme Summen bezahlen. Das finde ich schade.
Die Lagerung und Reifung im Fass sind beim Whisky besonders wichtig. Welche Entwicklungen konntest du hier beobachten?
Das Interesse an Abfüllungen aus Starkweinfässern ist aktuell sehr stark. Die Fasslagerung verleiht dem Whisky über die Jahre hinweg eine dunkle Farbe. Hier ist der Trend ganz klar: Je dunkler, desto beliebter – desto teurer. Ich merke das sehr stark an den asiatischen Kunden: Wenn es dunkel ist und Sherry draufsteht, dann wird gekauft. Wenn es dunkel ist und es ist aus einem Bourbon-Fass, dann nehmen sie es nicht. Das treibt den Preis nach oben.
Dabei ist die Farbe kein qualitatives Kriterium. Ob der Schnaps wie Cola aussieht oder eine Bernsteinoptik hat, sagt nichts über seine Hochwertigkeit aus. Früher wurden die rabenschwarzen Whiskys sogar als Fehlprodukt abgestempelt und nach Russland verscherbelt. Heute will niemand mehr was anderes.
Und der geschmackliche Unterschied?
In der Regel schmeckt er süßer und ist süffiger. Das mögen die Leute. Das kann meiner Meinung nach auch sehr gut sein. Ein Sherryfass kann einen Whisky aber auch kaputt machen, wenn es geschmacklich alles andere übertüncht.
Ich schätze, dass die Fassqualität in den kommenden Jahren abnehmen wird. Die Fässer, die heutzutage verwendet werden, sind nicht mehr auf dem Niveau von früher. Ob das einen negativen Einfluss auf die Nachfrage hat – wir werden sehen. Bisher sprechen die Preise und Verkaufszahlen dagegen.
Es hört sich so an, als würden die Preise für hochwertige Spirituosen auch in Zukunft weiter steigen?
Ja, ich glaube es wird alles noch teurer. Wenn ich mir die Marktentwicklung der letzten Jahre anschaue, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Preise fallen werden. Selbst eine Wirtschaftsrezession wird daran nichts ändern.
Der Uhrenmarkt hat einen ähnlichen Hype erlebt und ist danach komplett eingebrochen. Kann es dem Whiskygeschäft nicht ähnlich ergehen?
Ich denke, dass es beim Spirituosenmarkt anders laufen wird. Uhren waren ein popkulturelles Phänomen und haben die breite Masse angesprochen. Da waren viele Menschen dabei, die keine Ahnung vom Thema hatten und blind gekauft haben. Bei der Spirituose hast du ein gezieltes Publikum dahinter, das sich mit der Thematik befasst. Selbst die Spekulanten beginnen sich mit dem Gebiet auseinanderzusetzten. Außerdem habe ich ein Gut, das nicht kurzfristig nachproduzierbar ist. Das hält den Preis auch auf lange Sicht oben.
Ein stabiler Markt: Da scheint mir der Einstieg ins Spirituosengeschäft ja lukrativ.
Ich wäre eher skeptisch. Bei den unabhängigen Abfüllern wird es bald zur natürlichen Selektion durch die Preisentwicklung kommen. Aufgrund der steigenden Marktwerte ist es bald kaum noch möglich, ein preiswertes Fass zu erwerben und zu einem akzeptablen Preis zu verkaufen. Gordon Macphail, Signatory Vintage aber auch Läden wie Sansibar, North Star Spirits, Wilson and Morgan – das sind Leute, die ihr Handwerk verstehen, sich das entsprechende Netzwerk aufgebaut haben und bestehen werden. Der dahergelaufene Abfüller, der auf den Trend aufspringen will, hat in Zukunft keine Chance mehr.
PREMIUM-MALTS hat mittlerweile auch seine eigene Abfüllung auf den Markt gebracht. Was darf man bei euch in Zukunft noch erwarten?
Mit dem aktuellen Hauswhisky sind wir sehr zufrieden. Geschmacklich ist der wirklich spannend: Pfeffer trifft auf Vanille. Für das Jahr 2022 haben wir noch weitere Fassprojekte mit den Jungs vom Wu-Dram-Clan geplant. Außerdem bekommen wir eine neue Edition des Elch Whisky.
Am 24. August haben wir unseren neuen Online-Shop gestartet. Das war auf jeden Fall eines der größten Projekte in diesem Jahr. Da bin ich auch auf das Feedback unserer Kunden gespannt. Zudem wollen wir Tequila und Mezcal als Agaven-Schnäpse in unser Sortiment mit aufnehmen. Mezcal soll bei uns nur im Online-Handel stattfinden, als Premium-Produkt mit eigener Internetseite. Das wird sehr interessant.
Mezcal wird also nicht vor Ort im Laden erhältlich sein?
Korrekt. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Kunden dahingehend nicht beraten werden. Das Geschäft im Internet und das Geschäft im Laden greift bei PREMIUM-MALTS nahtlos ineinander. Wir wollen uns mit den Leuten austauschen, sie in ihrem Hobby beraten und ihr Interesse fördern. Du bist bei uns nicht im klassischen E-Commerce, wo der Kunde nur irgendeine Nummer ist. Du wirst direkt wahrgenommen und bekommst immer eine Expertise. Egal ob im Laden selbst oder per Telefon, Instagram oder Facebook – wir sind immer für unsere geilen Genießer da!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Andreas Apetz.